Einleitung
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Neben Bass-Designs mit ausgeprägten P-, J- oder MM-Wurzeln präsentieren zahlreiche Hersteller immer wieder interessante Instrumente mit höherer Eigenständigkeit. Über verschiedene funktionale, technische, ergonomische und optische Innovationen hinausgehend, bieten diese oft auch ein signifikant erweitertes tonales Spektrum.
Der Griff zu solchen Tieftönern ist meines Erachtens gerade dann eine gute Empfehlung, wenn man musikalisch nicht nur vom Gestern erzählen will, sondern auch auf ein Heute und Morgen referenzieren möchte.
Die Groover-Linie von Ralf Börjes ist ein Beispiel für solche nach vorne deutenden Bässe, die von ihm als 4, 5 und 6-Saiter angeboten werden. Ganz typisch für Börjes-Bässe stehen unterschiedliche Korpushölzer und Holzkombinationen sowie Ausstattungsdetails zu Verfügung. Sonderwünsche lassen sich im direkten Austausch mit der kleinen aber feinen Firma aus Norddeutschland ganz sicher ebenfalls noch abstimmen und umsetzen.
Wer in der von Ralf bereits vorgedachten Liste von Optionen viele Kreuze setzt, der findet sich mit seinem Traumbass schnell auf Deluxe-Level wieder.
Börjes Groover 6 Deluxe – Vorderansicht (Foto/Abbildung: Frank Köster)
Im weiteren Text stelle ich meine Eindrücke zum oben gezeigten Groover 6 Deluxe dar, den ich seit 2023 besitze und spiele.
Der Bass zeigt bezüglich Korpusform und Shapings ein aufgeräumtes und modernes Design, welches aufgrund der abgerundeten Korpuskanten und geschwungenen Formen eine eher organische als technische Prägung besitzt. Auffällig ist der kräftige Hals mit 35“ Mensur, dessen angewinkelte Kopfplatte mit einem zur Korpusdecke passenden Starkfurnier ausgestattet ist.
Hierdurch ergibt sich ein durchaus spektakuläres Gesamtbild. Der Bass bietet jedoch sehr viel mehr als nur eine klasse Optik – es macht also Sinn, sich mit dem Groover 6 Deluxe genauer zu befassen.
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Konstruktion und Zutaten
Sound
Handling und Bespielbarkeit
Fazit
Der Bass in Aktion und Links
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Konstruktion und Zutaten
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Grundlage meines Groover 6 Deluxe ist ein zweiteiliger Erle-Korpus, der eine schöne gleichmäßige Maserung aufweist. Eine auffällige Ahorndecke aus dem Wurzelbereich schmückt die Vorderseite des Basses. Sie ist ebenfalls zweiteilig, ansprechend gefügt und von beachtlicher Stärke. Die beiden Holzlagen des Korpusses sind durch ein dunkles Furnier optisch voreinander abgesetzt. Die Hölzer erscheinen leicht eingefärbt und sind hochglanzlackiert.
Der Hals besteht aus insgesamt fünf Holzstreifen – drei Streifen Ahorn, die jeweils durch dunkle Sapeli-Streifen voneinander getrennt sind. Das auffällig dicke Griffbrett ist aus ebenfalls toll gemasertem Vogelaugenahorn. Vierundzwanzig perfekt eingesetzte und abgerichtete Bünde plus Nullbund finden dort ihren Platz. Dezente Dots auf dem Griffbrett und Marker in der Griffbrettkante unterstützen bei der Orientierung auf dem Bass. Passend zum Korpus, sind auch Hals und Griffbrett hochglanzlackiert.
Der Korpus ist auf Komfort getrimmt und zeigt entsprechende Shapings, wobei gerade der Korpus/Hals-Übergang wunderbar ausgearbeitet ist. Dies wird unter anderem dadurch gefördert, dass die Fünffachverschraubung des Basses ganz Börjes-typisch ohne Halsplatte auskommt. Die Schrauben stecken in sauber versenkten Metallhülsen, sodass eine absolut solide Verbindung gewährleistet ist, die den Spielkomfort des 6-Saiters in keiner Weise negativ beeinflusst. Der 2-Wege Spannstab des Halses ist servicefreundlich von der Korpusseite erreichbar und ermöglicht eine sehr gute Feinabstimmung beim Setup des Basses – die Saitenlage lässt sich bei diesem Groover durchaus sehr flach einstellen.
Börjes Groover 6 Deluxe – Korpus (Foto/Abbildung: Frank Köster)
Überzeugend ist auch die in Chrom gehaltene Hardware-Ausstattung des Basses. Verbaut sind gekapselte Stimmmechaniken von Kluson und sechs grundsolide Einzelbrücken von ABM. Weiterhin hat Ralf Börjes dem Bass einen synthetischen Sattel, griffige Drehknöpfe und Security-Lock-kompatible Gurt-Pins spendiert. Die Pickups sind von Harry Häussel für die Börjes-Company gefertigt. Sie stecken in mit dem Börjes-Schriftzug gelabelten Holz-Covern und fügen sich damit prima in die Gesamterscheinung des Instrumentes ein.
Das auf der Rückseite verbaute Elektronikfach ist vorbildlich mit Kupferfolie ausgekleidet und mit einem Kunststoffdeckel verschlossen, der auch ohne Werkzeug geöffnet werden kann. Ein separates Batteriefach – ebenfalls mit einem praktischem Klippverschluss – ermöglicht einen schnellen Batteriewechsel.
In meinem Bass ist eine aktive 3-Band Elektronik von Börjes verbaut, die er seit den 1990er Jahren in seinen Bässen nutzt und bis vor kurzem auch separat unter dem Produktnamen „Basstronic“ zur Nachrüstung angeboten hat. Die Equalizer-Sektion der Schaltung bietet die Möglichkeit zur Anhebung und Absenkung von Bässen, Mitten und Höhen. Typisch für die aktiven Bässe von Ralf Börjes, kann die Aktivelektronik auch komplett umgangen werden (true Bypass, schaltbar über den als Push/Pull-Switch ausgelegten Höhenregler). Dies ist praktisch, wenn die 9V-Batterie des Basses doch einmal den Geist aufgeben sollte. Ebenfalls ist es cool, dass hierüber auch die passiven Sounds des Instrumentes ungefärbt an einen Amp geschickt werden können.
Der Hals-Pickup des Basses ist ein Singlecoil; am Steg findet sich ein Humbucker, dessen Spulen über einen 3-fach-Kippschalter in verschiedener Form an die Aktivelektronik angebunden werden können. Die Klinkenbuchse zum Anschluss an die externe Welt ist in der Zarge des Basses untergebracht.
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Sound
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Zunächst ohne Amp. Die Holzauswahl sollte theoretisch für ausgeprägte Höhen und einen insgesamt definierten Ton sorgen – in der Praxis ist das hier tatsächlich aus so. Unterstützt wird dies wohl auch durch die grundsolide Konstruktion des Basses und die perfekte Fügung seiner einzelnen Komponenten. Jeweils leer und gegriffen angeschlagen klingen die Seiten sehr ausgewogen und geben ein homogenes Klangbild ab – auch die H-Saite fügt sich sehr gut in dieses Bild ein, wobei ihr Verhalten sicher auch von der 35"-Mensur des Basses profitiert. Das Instrument bietet ein langes Sustain mit einem angenehmen Ausklingverhalten.
Am Amp zeigt sich ein gleiches Grundverhalten. Zum Tweaken der Sounds bietet der Bass einen Volume-Regler und einen mit Mittelrastung ausgestatteten Regler für das Mischverhältnis der beiden Tonabnehmer (Pickup-Blend-Regler). Über den bereits angesprochenen Kippschalter mit seinen drei Schalterstellungen werden die Spulen des Steg-Pickups in verschiedener Form an die Elektronik angebunden. Zur Auswahl stehen die vordere Einzelspule des Pickups sowie beide Spulen in paralleler oder in serieller Verschaltung. Damit sind auf einfache Art und Weise bezüglich ihres Charakters sehr gut unterscheidbare und in verschiedenen Genres sinnvoll nutzbare Grundsounds abrufbar. Lautstärketechnisch liegen die verschiedenen Verschaltungsoptionen des Steg-Pickups recht nahe beieinander.
Börjes Groover 6 Deluxe – Steg-Pickup (Foto/Abbildung: Frank Köster)
Weiter unterstützt wird die Sound-Gestaltung durch den Equalizer der aktiven Elektronik. Dieser ermöglicht das Anheben und Absenken von Bässen, Mitten und Höhen, wobei auch die Ton-Regler in Mittelstellung eine leichte Rastung bieten. Die durch die Regler beeinflussbaren Frequenzbänder sind praxistauglich abgestimmt, wobei sich das Instrument auch bei extremen Reglerstellungen stets im Bereich der sinnvoll nutzbaren Sounds bewegt.
Beeindruckend sind dabei für mich insbesondere der Mitten- und der Bass-Regler. Der Bass-Regler erlaubt dramatisch hohe Bassanteile, ohne dabei ein unangenehmes Dröhnen zu produzieren. Der Mitten-Regler ist mein Go-To-Regler, mit dem sich der Bass sehr gut im Bandgefüge herausstellen lässt. Den durch die Mittenbetonung entstehenden nasalen Charakter des Bass-Sounds finde ich persönlich zudem sehr schön und musikalisch.
Die verbaute Basstronic wirkt im Aktiv-Modus immer klangfärbend – es gibt also keine Reglerstellung, die einen dem passiven Sound des Instrumentes entsprechenden Ton liefert. Soll der unverfälschte Sound des Instrumentes genutzt werden, lässt sich die Aktivelektronik durch ziehen des Höhenreglers komplett umgehen (true Bypass). Der Klang des Basses kann dann durch Volume- und Pickup-Blend-Regler sowie die Spulenauswahl des hinteren Pickups beeinflusst werden. Eine passive Höhenblende ist bei meinem Groover nicht an Bord, was ich tatsächlich ein bisschen schade finde, da eine separate passive Höhenblende aus meiner Sicht sowohl im Passiv- als auch Aktiv-Modus des Basses viel Sinn ergibt. Dieses Ausstattungsdetail kann bei Börjes natürlich jederzeit nachgerüstet beziehungsweise gleich für einen Bass geordert werden.
Groover-Bässe, die aktuell die Börjes-Werkstatt verlassen, werden standardmäßig mit einer Glockenklang-Elektronik ausgeliefert. Diese Elektronik passt ebenfalls klasse zu den Börjes-Bässen und ist beispielsweise in meinem Börjes PJ5 Multiscale verbaut. Sie ist im Aktiv-Modus sehr viel weniger klangfärbend und kann bei Bedarf natürlich auch voll umgangen werden (Passiv-Modus, true Bypass).
Aber zurück zum Groover 6 Deluxe: Die vom Groover gelieferten Sounds sind von der H- bis zur C-Saite modern, definiert und lebendig. Der Bass bietet dabei stets eine tonal sehr feine Auflösung. Das Imitieren alter Klassiker á la P, J oder MM ist mit dem Groover bis zu einem durchaus überzeugenden Grad machbar, aber aus meiner Sicht eigentlich gar nicht Sinn und Zweck des Instrumentes. Der Bass bringt eher eine gewisse Eigenständigkeit mit, die zu vielen musikalischen Stilrichtungen passt und sich dabei auch in einer tollen Art und Weise von altbewährtem entfernen kann. Ich finde die soundtechnische Auslegung des Basses wirklich großartig! Die im Instrument verbaute Basstronic ist dabei vollkommen intuitiv zu bedienen, sodass ausgehend von einem eingestellten Sound leicht Anpassungen in eine jeweils gewünschte Richtung vorgenommen werden können.
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Handling und Bespielbarkeit
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Der Groover 6 Deluxe bringt schon etwas Masse mit sich. Für einen 6-Saiter mit leicht verlängerter Mensur ist dies eigentlich auch nicht überraschend. Ich spiele den Bass im Allgemeinen an einem eher kurzen Gurt, an dem sich der Bass sehr kontrolliert handhaben lässt. Die Gewichtsverteilung ist angenehm, sodass sich der Bass auch über eine längere Zeit am Stück entspannt spielen lässt. Hierzu tragen natürlich auch die Korpusform und die durchdachten Body-Shapings bei.
Der Hals des 6-Saiters ist hinsichtlich Breite und Dicke auf der eher kräftigen Seite, seine Bespielbarkeit ist dabei über das gesamte Griffbrett hinweg ausgezeichnet. Die Hochglanzlackierung des gesamten Instrumentes ist bezüglich ihrer Haptik superangenehm. Insbesondere ist dies am Hals ein echtes Geschenk.
Börjes Groover 6 Deluxe – Rückansicht (Foto/Abbildung: Frank Köster)
Auch wenn der Bass auf den ersten Blick durchaus opulent rüberkommt und spieltechnische Details sehr gut auflösen kann, nimmt er ein kraftvolleres Spiel und entsprechendes Handling ebenfalls erstklassig an. Momentan habe ich eine flache Saitenlage eingestellt, die zu einem moderat kräftigen Spiel mit den Fingern passt.
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Fazit
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Der im vorangegangenen Text behandelte Groover 6 Deluxe ist nicht mein erster Groover von Ralf Börjes. Seit 1995 besitze ich einen ebenfalls 6-saitigen Groover der ersten Generation. Der "Ur-Groover" zeigt noch die aus meiner Sicht etwas extravagantere Korpusform, eine 36" Mensur, ein asymmetrisches Halsprofil und ist auch in vielen weiteren Aspekten anders Ausgestattet als der hier erörterte Groover 6 Deluxe. Die Bässe gleichen sich eigentlich nur bezüglich einzelner Korpus-Details und der Basstronic. Die exzellente Verarbeitung ist ein weiteres verbindendes Element.
Der Groover 6 Deluxe ist ein uneingeschränkt überzeugender Bass mit weitreichenden Soundmöglichkeiten und moderner Prägung. Wenn ein differenzierter und fein aufgelöster Bass-Sound gesucht wird, überzeugt der Groover 6 Deluxe in allen relevanten Belangen. Er kann bei Bedarf aber auch kräftigere Gangarten uneingeschränkt bedienen.
Leicht abrufbare und lebendige Grundsounds, die sehr umfassend am Bass angepasst und ausgeformt werden können, eine erstklassige Ausstattung, Verarbeitung und Optik sind ebenfalls Merkmale, die der Bass auf der Haben-Seite hat. Das Gesamtkonzept des Instrumentes, seine Umsetzung und Bespielbarkeit sind auf einem hervorragenden Niveau.
Börjes Groover 6 Deluxe – zwei mal Groover (Foto/Abbildung: Frank Köster)
Es ist offensichtlich, dass Ralf Börjes nicht nur Bässe baut, sondern auch etwas von Bässen versteht. Die am Beispiel des Groover erfolgte Modellpflege ist ein gutes Beispiel hierfür und voll gelungen. Resultat ist ein exzellenter Bass, den man sich durch Ralf als 4, 5 oder 6-Saiter perfekt auf den Leib schneidern lassen kann.
Ich habe jetzt zwei sehr unterschiedliche aber gleichermaßen wunderbare 6-saitige Groover von Börjes zur Auswahl, die ich bestimmt nicht wieder hergeben werde. Man kann glücklicherweise mehrere Helden in Bassgestalt haben – zwei dieser Helden sind oben im Bild zu sehen.
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Konstruktion und Zutaten
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Der Bass in Aktion und Links
(Foto/Abbildung: Frank Köster)
Der Bass in Aktion:
Börjes Bass and Guitar Design: www.bass-guitars.de
Häussel Pickups: www.haeussel.com
Kluson: www.kluson.com
ABM: abm-guitarpartsshop.com
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