Einleitung

(Foto/Abbildung: Frank Köster)

Die stete Beliebtheit der Bass-Urgesteine in Form der Precision- und Jazz-Bässe zeigt eindrücklich, dass die Stärken der dahinterliegenden Konzepte über Jahrzehnte hinweg ihre grundsätzliche Relevanz in der Musikwelt nicht verloren haben. Dies muss allerdings nicht heißen, dass die sinnvolle Fortschreibung dieser Bass-Kategorien im Sinne einer Modernisierung ausgeschlossen ist – von Etabliertem lernen, dabei aber Optimierungspotenziale durch intelligente Weiterentwicklungen kompensieren lautet hier das Motto.

Börjes PJ5 Multiscale ...

Börjes PJ5 Multiscale ... (Foto/Abbildung: Frank Köster)

Neben inzwischen vielen anderen Herstellern, zeigt dies nun auch Ralf Börjes, der das Grundkonzept des Precision-Basses in seinem PJ-5 Multiscale aufgegriffen und in verschiedenen Punkten neu gedacht hat. Über evolutionäre Weiterentwicklungen hinaus, sticht dabei insbesondere der durch Börjes aufgegriffene Multiscale-Ansatz als mächtiger Schritt ins Auge. So entsteht ein Instrument, welches den Puristen ebenso begeistern kann wie den Musiker, der nach einer ausgeprägten Ergonomie sucht und eine größere Spanne an modernen Soundvorstellungen unkompliziert umsetzen möchte.

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Konstruktion und Zutaten
Sound
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Konstruktion und Zutaten

(Foto/Abbildung: Frank Köster)

Die Grundbausteine des schwarzen PJ-5 Multiscale bestehen aus einem zweiteiligen Sumpf-Esche-Korpus, in den ein heller Hals aus Ahorn mit liegenden Jahresringen und einem Palisander-Griffbrett passgenau eingesetzt ist. Das Griffbrett bietet 22 perfekt eingesetzte Bünde und ist durch schlichte Abalone-Dots verziert. Fluoreszierende Marker in der Griffbrettkante unterstützen die Orientierung auch dann, wenn es auf der Bühne einmal dunkler werden sollte. Der Korpus zeigt insgesamt die für diese Bass-Kategorie typischen Rundungen bzw. Shapings. Der Korpus/Hals-Übergang ist darüber hinaus noch weiter auf Komfort getrimmt, wobei die von Ralf Börjes umgesetzte Fünffachverschraubung ohne Halsplatte auskommt. Die Schrauben stecken in sauber versenkten Metallhülsen, sodass hier eine solide Verbindung gewährleistet ist, ohne den Spielkomfort negativ zu beeinflussen. Der 2-Wege Spannstab des Multiscale-Halses ist von der Korpusseite servicefreundlich erreichbar.

Die ebenfalls schwarze Hardware des Basses rundet das unprätentiöse aber edle Gesamtbild des Instrumentes ab. Verbaut sind leichte Stimmmechaniken von Schaller, ein Sattel aus Knochen sowie Einzelstege und griffige Drehknöpfe von Göldo – alles schick. Zudem hat Ralf dem Bass einen Saitenniederhalter für die E- und die A-Saite sowie Security-Lock-Kompatible Gurt-Pins spendiert. Diese Zutaten stammen ebenfalls aus dem Hause Göldo.

Die Pickups sind von Harry Häussel. Sie stecken in geschlossenen Covern, die mit ihrer schwarzen Farbe optisch ebenfalls nicht aus der Reihe tanzen.

Börjes PJ5 Multiscale ...

Börjes PJ5 Multiscale ... (Foto/Abbildung: Frank Köster)

Das Elektronikfach ist sauber mit Kupferfolie ausgekleidet und mit einem Kunststoffdeckel verschlossen. Ein separates Batteriefach mit praktischem Klippverschluss für einen schnellen Batteriewechsel komplettiert die elektronikbezogenen Fräsungen und Elemente auf der Rückseite des Basses.

Verbaut ist eine aktive 3-Band Elektronik von Glockenklang. Sie bietet die Möglichkeit zur Anhebung und Absenkung von Bässen, Mitten und Höhen. Die Aktiv-Elektronik kann wahlweise auch umgangen werden (true Bypass), wobei die im Passiv-Modus „lebensnotwendige“ Tonblende auch im aktiven Betriebsmodus nutzbar ist. Das Mischverhältnis zwischen Hals- und Stegpickup wird beim vorliegenden Bass über zwei Lautstärkeregler eingestellt. Wahlweise baut Ralf hier auch einen einzelnen Balance-Regler ein. Die Klinkenbuchse zum Anschluss an die externe Welt ist in der Zarge untergebracht.

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Sound

(Foto/Abbildung: Frank Köster)

Bevor ein Amp ins Spiel kommt, steht ein kurzer Trockentest auf dem Programm. Hiervon ausgehend würde ich auch am Amp einen definierten Basston mit langem Sustain erwarten. Zudem wird klar, dass die von Ralf Börjes ausgesuchten Hölzer nicht nur sehr gut aussehen, sondern auch hinsichtlich ihrer Schwingungseigenschaften bzw. Funktion eine erstklassige Figur abgeben. Auch Das Multiscale-Konzept geht meines Erachtens voll auf, denn der Bass bietet über alle Saiten hinweg eine angenehm straffe und absolut stimmige Schwingungscharakteristik.

Wer Precision-Gene vorgibt, sollte auch mit einem einzelnen Pickup funktionieren können: Also die Laustärke des vorderen P-Style Split Coil-Pickups voll aufgedreht. Stegpickup und passive Tonblende auf Null. Die restlichen Regler kommen zunächst in Neutralstellung, die durch eine leichte Rastung in der Mittelstellung schnell zu ertasten ist. Der verstärkte Ton ist modern und tatsächlich sehr definiert. Er besitzt eine Precision-typische Offenheit mit sehr gut zueinander passenden Saiten – von der H- bis zur G-Saite. Über die Regelungsmöglichkeiten der Glockenklang-Elektronik sind Anpassungen des Grundsounds in sehr intuitiver Form möglich. Dies ist ein Merkmal, welches ich von Börjes-Bässen kenne und an ihnen auch extrem schätze. Gut das dies nicht nur mit der Basstronic aus dem Hause Börjes funktioniert, sondern auch durch die Glockenklang-Elektronik geboten wird. Die Regler der Glockenklang-Schaltung sprechen sehr direkt an und generieren einen angenehm klaren Output. Auch bei extremen Reglerstellungen geht der Grundcharakter des Split Coil-Pickups nicht verloren. Ein Anheben der Bässe gibt der H-Saite nach Wunsch einen extremen Punch, wobei mit Hilfe des Höhen- und insbesondere Mitten-Reglers leicht die Präsenz bedarfsgerecht nachgeführt werden kann.

Börjes PJ5 Multiscale ...

Börjes PJ5 Multiscale ... (Foto/Abbildung: Frank Köster)

Regelt man den J-Style Pickup hinzu, wird der Ton insgesamt kompakter und verliert mit dem Regelweg sukzessive seine Precision-typische Grundcharakteristik. Die direkte Ansprache des Basses und das ausgewogene Zusammenspiel der fünf Saiten bleiben jederzeit erhalten. Die Fräsung für den J-Pickup ist so ausgeführt, dass die tiefen Saiten tendenziell in der 1960er Position klassischer Jazz-Bässe abgenommen werden, wohingegen die Abnahme der hohen Saiten in der 1970er Position erfolgt. Die tiefen Saiten haben hierdurch etwas mehr Wärme bei gleichzeitig präsenten Höhen – eine schöne Idee mit einer zum Instrument passenden Wirkung.

Der J-Pickup ist einerseits ein toller Supporter für den P-Style Pickup, der dem Bass eine extrem hohe Flexibilität gibt, er kann sich aber auch alleine sehr gut in den Wind stellen. Ran ans Werk: P-Style Pickup auf Null und J-Pickup voll aufgedreht. Bei zudem fast voll angehobenen Bässen und Höhen sowie nahezu komplett abgesenkten Mitten liefert der Bass einen charakterstarken Output, dem es an Durchsetzungsfähigkeit nicht mangelt.

Über die passive Tonblende ergeben sich weitere sinnvolle Variationsmöglichkeiten des durch die aktive Schaltung generierten Sounds – experimentierfreudige Köpfe und Soundtüftler werden sich hier lange sinnvoll betätigen und zweifelsohne immer wieder neue und praxistaugliche Sounds aus dem Bass herauszaubern können.

Im Passiv-Betrieb, der durch das Ziehen des Höhen-Reglers aktiviert wird, zeigt der Bass, dass er auch ohne Aktivelektronik bestens bestehen kann. Auch in diesem Betriebsmodus mangelt es aufgrund der getrennt voneinander regelbaren Pickups und der passiven Tonblende nicht an Flexibilität bzw. Soundvielfalt. Die Sounds bleiben dann im Allgemeinen etwas mehr Old-School, wobei der Bass nicht in den Gefilden alter Klassiker bzw. von Vintage-Instrumenten wildert. Es bleibt immer einen Tick moderner und straffer, was mir persönlich sehr gut gefällt.

Insgesamt bietet der Börjes PJ-5 Multiscale eine Precision-typische Soundcharakteristik bei hoher Flexibilität – durch die unabhängig voneinander einblendbaren Pickups in Kombination mit den Passiv/Aktiv-Optionen und den dann jeweils bestehenden Möglichkeiten zur Anpassung des Sounds über die aktive Klangregelung und /oder die passive Tonblende gehen soundtechnisch extrem viele Türen auf. Die Passivsounds sind dabei alleine bereits voll überzeugend und erfreuen sicher den bodenständigen Bassisten, der sich grundsätzlich in den P-Bass-Sound verliebt hat aber nach einer zeitgemäßen Interpretation und größerer Soundvielfalt sucht. Im Aktiv-Modus spielt die Glockenklang-Elektronik ihre Stärken voll aus, und unterstützt die Möglichkeiten des Instrumentes in vorbildlicher Form. Die auch dann noch verfügbare passive Tonblende erweitert das mögliche Soundspektrum sinnvoll weiter. Klasse gemacht!

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Bespielbarkeit

(Foto/Abbildung: Frank Köster)

Das Instrument wiegt in der vorliegenden Form angenehme 3,9 kg und hängt gut balanciert am Gurt. Der Hals ist ausgewachsen, durch den Multiscale-Ansatz aber sehr gut handhabbar – die tiefe H-Saite weist eine 36 Zoll Mensur auf, die G-Saite ist mit 34 Zoll um 2 Zoll verkürzt. Der achte Bund ist bei dem Bass von Ralf Börjes gerade eingesetzt. Die weiteren Bünde sind entsprechend um ihn herum gefächert.

Börjes PJ5 Multiscale ...

Börjes PJ5 Multiscale ... (Foto/Abbildung: Frank Köster)

Für die linke Hand ist die Umstellung auf den Multiscale-Hals bei mir kein Problem. Im Gegenteil, es drängt sich fast die Frage auf, warum es nicht ausschließlich Multiscale-Basshälse gibt. Dies gilt beim Bass von Ralf Börjes gerade auch für das Spiel in hohen Lagen, welches ich als extrem komfortabel empfinde, mir bei Multiscale-Bässen anderer Hersteller aber schon als ungewohnt bis unkomfortabel in Erinnerung geblieben ist. Offensichtlich ergeben sich diese Unterschiede darüber, welcher Bund gerade eingesetzt wird und welche Mensur-Differenzen vorliegen. Darüber hinaus sind aber neben weiteren Aspekten gerade auch die Länge des oberen Horns am Korpus, die Art der Umsetzung des Hals/Korpusüberganges inklusive des Ausschnittes zum unteren Horn und die Platzierung der Brücke entscheidend für die Bespielbarkeit des Instrumentes. Hier hat Ralf Börjes meiner Meinung nach in verschiedenen Bereichen sehr gute Entscheidungen getroffen, die im besten Sinne zusammenpassen – tatsächlich wurde von etablierten Umsetzungen gelernt, ohne dabei die Weiterentwicklung zu zeitgemäßen und modernen Ansprüchen genügenden Instrumenten zu vergessen.

Und das zahlt sich aus: Das Spielen des Börjes PJ-5 Multiscale ist auch über längere Zeit hinweg durch ein hohes Maß an Leichtigkeit und Komfort geprägt.

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Fazit

(Foto/Abbildung: Frank Köster)

Mit dem sauber verarbeiteten PJ-5 Multiscale ist Ralf Börjes ein toller Wurf gelungen. Der Bass überzeugt in allen für mich relevanten Belangen – Sound und Flexibilität, Bespielbarkeit, Grundkonstruktion und Gesamtkonzept. Aus meiner Sicht wurde hier ein Instrument realisiert, welches die eher konservative Bassfraktion ebenso in seinen Bann ziehen kann wie die Gruppe der Ergonomie-interessierten Flitzefinger, die zudem eher moderne Soundvorstellungen umsetzen möchten.

Ach ja, und der Bass sieht auch noch verdammt gut aus!

Börjes PJ5 Multiscale ...

Börjes PJ5 Multiscale ... (Foto/Abbildung: Frank Köster)

Ein Antesten des Börjes PJ-5 Multiscale lohnt sich auf jeden Fall. Ich würde allerdings empfehlen vorher das Konto zu checken, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man diesen Bass nach dem Test auch mit nach Hause nehmen will ist sicherlich deutlich größer als das man ihn wieder hergeben möchte.

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